13
Nov
2007

Kind in Klinik

Wir mussten letzte Woche eine Erfahrung machen, die sich irgendwie keine Familie wünscht: Der große Kerl lag im Krankenhaus wegen eines entzündeten Blinddarms. Er wurde innerhalb von drei Stunden operiert und war darauf fünf Tage in der Klinik - Sonntagnachmittag bis Freitagmorgen.
Es war selbstverständlich für mich, dass ich die ganze Zeit - auch in der Nacht bei ihm blieb. Erstens, weil ihn die OP total überrumpelte und er mental daneben war, und natürlich zweitens weil er starke Schmerzen bis Dienstagabend hatte, in denen er Mamas Hand und Unterstützung brauchte. Ich meldete mich noch am Sonntag bei meinen Kollegen für die ganze Woche ab und stieß auf vollkommenes Verständnis. Keiner stellte in Frage, ob ich wirklich bei ihm verweile.

In Frage stellt das aber die Krankenkasse. Weil der Junge ja betreut ist, war mein Aufenthalt dort lediglich für ihn psychisch wünschenswert. Mehr konnten die Ärzte mir nicht assistieren. Dürfen sie auch nicht, weil sie sich sonst - so der O-Ton des Kinderarztes - strafbar machen. Diese Handhabung ist üblich und trifft alle Eltern, deren Kinder im Krankenhaus sind. Lediglich medizinisich erforderlich ist der Aufenthalt eines Elternteils, wenn das Kind im Sterben liegt oder aber die Mutter stillt. Alle anderen Eltern dürfen bei ihrem Arbeitgeber nach unbezahlten Urlaub fragen. Was ich davon halte, liegt auf der Hand: Keine Schwester hätte Zeit gehabt meinem Sohn Mut zu zusprechen. Und den Schwesternnotruf habe ich gedrückt, als er erbrechen musste oder andere schwere Schmerzen hatte. Ich halte diese Entscheidung der Krankenkassen für miserabel. Das in den Krankenhäusern oft Ärzte- und Schwesternnotstand herrscht, ist gemeinhin bekannt und Eltern nehmen ihnen viel Arbeit ab. Ich würde sogar behaupten, dass mein Sohn vor allem deswegen ein Tag eher aus dem Krankenhaus kam, weil ich ihn aufgepäppelt habe.

Was bleibt? Meine Söhne sollten demnächst bitte nur noch zu Hause krank werden, weil dann kann mich der Arzt bis zu 10 Tage mit "krankschreiben", damit ich sie daheim pflegen kann. Bei Fieber und angehender Lungenentzündung ist das nämlich möglich.

Ich bin heute extrem enttäuscht von dem deutschen Gesundheitssystem, habe allerdings einen lieben Chef, der bei meinem Arbeitgeber noch mal um Verständnis bittet und für mich einen Kompromiss finden will.

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Chaot35 - 15. Nov, 10:37

das ganze system ist so kaputt...
du hast das absolut richtig gemacht! wie sehr hätte ich mir gewünscht das meine mutter tag und nacht bei mir gewesen wäre bei meinen diversen klinikaufenthalten in der kindheit. war damals aber nicht üblich

momente - 15. Nov, 12:33

Ich bin auch total überzeugt davon, dass mein Platz neben seinem Bett war. Klingt vielleicht sehr gluckenhaft, ist mir aber egal. Seine Dankbarkeit beweist es mir.
CineMare - 15. Nov, 12:33

Das mit der Krankenkasse ist ärgerlich und blöd.

Aber Eurem Kind geht es wieder gut und das ist Wichtig.

momente - 15. Nov, 12:35

Solche Tage rücken die Wertigkeiten wieder gerade - ja und da hast recht: wir sind dankbar, dass es ihm schon wieder super gut geht!
Herr E. (Gast) - 15. Nov, 13:01

"Alle anderen Eltern dürfen bei ihrem Arbeitgeber nach unbezahlten Urlaub fragen."
Das ist aber nicht nur bei Eltern so.
Als eine mir sehr nahestehende Person auf der Intensivstation fast verblutet war und danach 1 Monat lang eher in einem halbtoten Zustand lag, musste ich auch meine verbliebenen 13 Resturlaubstage dafür aufteilen und ansonsten eben erst spät Abends nach der Arbeit hingehen.

...oder blau machen

Phonixfeuerseele - 15. Nov, 20:23

Oh mann, das ist einfach total...ungerecht!
Ich erinnere mich noch daran, als ich als kleines Kind mal im Krankkenhaus lag weil ich operiert werden musste. Ich habe es einfach nicht zugelassen, dass meine Mama mich da allein lässt. Wenn die Ärzte das verlangt hätten hätte ich entweder dem leitenden Arzt ins Bein gebissen oder das komplette Krankenhaus zusammengeschrien.

Nee, ernsthaft, ich finde es total wichtig, dass kinder in solchen Situationen auf die Fürsorge der eltern bauen können, das ist auch ne Vertrauenssache. Und ich finde es nicht gerecht, dass das Rechtssystem unseres ach so demokratischen Staates den Eltern da in ihre Fürsorgepflicht reinpfuscht und ein kind erst im Sterben liegen muss (!!!!!) bevor es "die Elterliche Fürsorge braucht". Pfff. Das ist doch bescheuert.

Ich hoffe deinem schatzl gehts wieder was besser, ich drück euch beide ganz doll,

lg,
Melle

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