10
Sep
2006

Das Ventil

"Und - hast du auch ein Ventil?", ich denke kurz nach und verneine, aber im Verborgenen erinnere ich mich an ein unglaublich schönes Ventil, das ich schon lange Zeit nicht mehr aktiviert habe, um Dampf abzulassen.

Heute hörte ich gute Musik, ganz klare Akkorde auf einem Klavier gespielt, und es juckte mir auf einmal tierisch in den Fingern. Ich wollte unbedingt mal wieder Klavier spielen. Ich kann leider nur nach Noten spielen, das Improvisieren liegt mir nicht - obwohl es mich immer sehr beeindruckt wie Pianisten frei - wie auf einer Welle - mit ihrem Instrument davon schwimmen. Aber es es gibt auch Stücke, die ausgezeichnet meine eigenen Gefühle transportieren können. Ich erinnerte mich an Situationen, in denen ich tränenüberströmt am Klavier saß und allen meinen Emotionen freien Lauf ließ - durch die Finger.
Es tat so unwahrscheinlich gut. Ich und das Klavier. Eine Stunde lang geheult und danach war das Leben irgendwie leichter.

Heute wie gesagt juckte es mir gewaltig in den Fingern und so habe ich gerade nach wirklich mehreren Jahren zum ersten Mal wieder auf meinem alten, klapprigen Keyboard gespielt. Es ist erstaunlich, wie wenig ich vergessen habe. Die Finger waren noch beweglich, was wohl eher an meinem Getippe auf der Computertastatur liegt.
Ich habe alte Stücke rausgekramt. Und sie kamen wieder zurück: Die Melodien, die Gedanken, die Bilder. Es ist schwer in Worte zu fassen, welche Gefühle plötzlich auftauchen. Da gehen die kleine Nöte in die Noten ein, da will das Herz mit swingen, da will die Lust, die Freude mit dem Rock rausknallen.
Es ist toll. Einzigartig. Ich danke meinen Eltern, dass sie mir damals den Klavierunterricht geschenkt haben. Denn diese Verbundenheit mit der Musik, diese seelenheilende Wirkung ist einmalig und tut so verdammt gut.

Mein lächelnder Wecker

Morgens aus dem Tiefschlaf gerissen zu werden, durch einen Kleinen Kerl, der sich schnell unter die Bettdecke drängt, ist bei mir nicht immer so willkommen. Vor allem nicht, wenn sich meine verschlafenen Augen und mein müder Kopf danach sehnen, noch einmal in die Welt der Träume abzutauchen.

Wenn dieser Kleine Kerl aber sein Köpfchen unter der Bettdecke hervorschiebt, mich mit seinen süßen braunen Augen anblitzt, mich breit anlächelt, so dass sich alle kleinen weißen Milchzähne zeigen,
dann geht mein Herz über vor Glück - ich könnt den Kleinen Kerl knutschen, und es ist einer der herrlichsten Momente am Morgen.

9
Sep
2006

Nachts auf finsteren Straßen

Da tön ich noch eine Stunde vorher rum, ich hätte keine Angst im Dunkeln:

Ich bin heute nacht um 3 Uhr am heimatlichen Bahnhof angekommen und mit mir steigen glücklicherweise 'zig Leute aus. Dummerweise laufen sie alle zu ihrem Auto am nahegelegenen Parkplatz, so dass ich ziemlich schnell alleine auf der Straße bin.
In der Ferne sehe ich einen Schwarzen zügig auf mich zu kommen. Irgendwie fühle ich mich von ihm fixiert und mir wird leicht mulmig. Ich greife zu meinem Handy, tippe die Nummer des Mannes an meiner Seite ein und halte den Daumen drück bereit auf die Taste. Hilft mir im Falle eines Falles zwar auch nicht viel, aber wenn mich einer nachts anfällt, bekommt meine Liebster es wenigstens mit, denke ich mir.
Ich gehe zielstrebig weiter und tatsächlich, der Mann labert mich an. Ich ignoriere ihn, mit dem Daumen auf der Taste und gehe nur schnurstracks weiter. Die ganze Zeit halte ich das Handy wie gefährliches Pfefferspray vor mir und denke nur, ihr könnt mich alle mal.
Zu Hause angekommen werde ich schlaftrunkend und nicht unbedingt überzeugt glücklich von meinem Liebsten empfangen, während ich ihm von einem wunderschönen Abend erzähle.

Danach meint er nur trocken zu mir, nur den Umgang mit dem Handy solltest du noch einmal üben.
Ich bin erstaunt: "Wieso?"
Die Erklärung: "Mein Handy hat geklingelt, ich habe abgenommen und nur deine Schritte und deinen Atem gehört. Das war nicht besonders prickelnd und hat mich ziemlich erschreckt."

Naja.

7
Sep
2006

Ich hab' Angst, dass du stirbst

Wir mampfen beim McDonald Pommes und ChickenNuggets. Aufgeregt erzählt der Große von seinem Schaulausflug, wobei dieser eigentlich ganz nebensächlich ist, viel mehr geht es um die Busfahrt. Er durfte neben seiner Freundin sitzen und will die ganze Zeit dem Kleinen Kerl ein Geheimnis erzählen. Zweimal werde ich aufgefordert mich woanders hinzusetzen, aber ich beweg mich nicht vom Platz.

"Ich weiß doch eh, was dein Geheimnis ist."
"Wieso?"
"Du hast mit A. gekuschelt."
"Boah. Woher?.... Mann..."

Ich muss unwillkürlich grinsen und schmunzeln. Das ist so eine ehrliche, verspielte kindliche Liebe zwischen den beiden und ich kann mir ziemlich genau vorstellen, wie sie Arm in Arm im Bus sitzen.

Während ich meinen LatteMacchiato nippe, sehe ich, wie sich seine Augen mit Tränen füllen.

"Mußt du weinen? Aber warum denn?"
"Kann ich nicht sagen."
"Ist was mit A.?"
Kopfschütteln. Ich warte noch einen kurzen Moment. Dann spreche ich aus, was nicht gesagt werden darf.
"Du hast Angst, dass ich einmal sterbe, oder?" flüster ich leise.

*Das war mütterliche Intuition. Manchmal erspüre ich die Gedankengänge, weiß um vergangene Gespräche, sehe den Gefühlsritt, den das eigene Kind gerade durchlebt, und weiß was es denkt.*

In dem Augenblick brechen die Tränen hervor. Leise schluchzt er nur: "Du sollst nie ... weg sein."

Er wirft sich mitten im McDonald in meine Arme und versteckt sich unter der Jeansjacke. Immer wieder drücke ich ihn fest, streichel ihm über den Rücken, und versuch ihn zu beruhigen. Er will gar nicht mehr hervorkommen.

Der Kleine Kerl nutzt die Situation und isst alle Pommes und Nuggets auf. Immer wieder stopft er sich die Stäbchen in den Mund und leckt genießerisch die Finger ab. Der Große kriecht langsam wieder hervor, die fehlenden Pommes bemerkt er gar nicht mal. Wir gehen raus.
Der Kleine fragt dann doch noch mal - wie nebenbei:
"Warum hast du geweint?"
"Ach nichts," seine kurze Antwort.

Diesig

Manchmal wünsche ich mir ich könnte in die Zukunft blicken und wissen, was in 15 Jahren ist, wo meine Jungs dann stehen, wie sie drauf sind, was sie machen und wo ich selber bin.

Mit dem Blick in die Zukunft wüsste ich, was ich heute falsch mache, wie ich es besser machen könnte
- und würde mich vielleicht weiser verhalten.

Aber heute - heute bin ich ratlos und traurig.

5
Sep
2006

Kind glotzt TV

Ich sitze in einem kleinen geselligen Kreis mit neun Kindern. Wir erzählen über unsere "Fernsehgewohnheiten":

Von diesen 9 Kindern haben 7 einen Fernseher auf ihrem Zimmer. Alle 7 berichten, er wäre angeschaltet, wenn sie zu Hause sind. Sie müssten die Eltern nicht um Erlaubnis fragen.
2 von ihnen berichten sogar, der Fernseher müßte angeschaltet sein, damit sie einschlafen können. 1 davon erzählt, das Gerät würde auch laufen, wenn sie morgens aufwacht.

Als ich das höre, bin ich entsetzt. Ok, meine Kinder dürfen auch jeden Tag 60 bis 90 Minuten fernsehen, was der Augenarzt verurteilte und meinte eine Stunde in der Woche würde reichen, um die Augen nicht zu überanstrengen. - Einer meiner Söhne klagte jüngst darüber, dass seine Augen so müde seien, und da nicht ganz klar war, ob er nicht doch vielleicht leicht fehlsichtig ist, ließ ich es überprüfen. Draußen Spielen sei gesünder. Finde ich auch, aber bislang empfand ich unseren Fernsehkonsum nicht zu übertrieben.

Mein Beruf lässt mich in andere Schichten abtauchen, und heute war ich wirklich betroffen. Man stelle sich vor: Den ganzen Tag dudelt dieses Gerät. Ich weiß gar nicht, ob ich diesen permanenten Lärmpegel ertragen könnte. Was für eine Verblödung für das Gehirn, wenn man nicht mehr eigene Gedanken fassen muss, sondern permanent berieselt wird.

Ohne andere Eltern zu verurteilen, aber Medienerziehung läuft zum größten Teil über die Eltern. Wenn Kinder nicht einmal mehr fragen müssen, ob sie glotzen dürfen oder nicht, drücken sie natürlich auf den Knopf - würden meine auch.
An der Stelle frage ich mich wirklich, was mit unserer Gesellschaft los ist, dass Erwachsene nicht mehr die Verantwortung übernehmen für die Freizeitgestaltung ihrer Zöglinge. Was für eine Ideen- und wahrscheinlich auch Lustlosigkeit! Mit Sicherheit findet dieses Problem seine Ursache auch in der mangelnden Bildung der Eltern, aber auf diesem Gedanken mag ich mich nicht ausruhen.

Ich wünsche mir einen Ruck in unserer Gesellschaft. Eine Bewegung, die Menschen dazu mobilisiert ihr Leben selber aktiv zu gestalten und nicht nur zu konsumieren,
und Eltern, die ihren Kindern vorleben, was man selber schaffen kann, sie anregen und motivieren, eigene Ideen zu entwickeln.

Leider werden diesen Blogeintrag nur die Erwachsene lesen, die selber nicht vor dem Fernseher hängen.
Schade eigentlich.

4
Sep
2006

Ein kleiner, feiner Kerl

Heute erzählt mir mein Großer beim Mittagessen aus seinem Schulleben. Mittlerweile kann ich ihm entspannter zu hören. Er ist jetzt im dritten Schuljahr und die ersten beiden Jahre in der "Offenen Schuleingangsphase" haben MICH fertig gemacht.
Dieses selbständige Lernen lag meinem Großen gar nicht, statt dessen hat ihn Mutter zu Hause an beiden Löffeln durch das Schuljahr gezogen, denn so "dumm", dass er sitzen bleibt, war er auch nicht, nur stinkend faul und überhaupt nicht ehrgeizig.
Jeder Schüler durfte in seinem Tempo arbeiten - er bevorzugte das verträumte Schneckentempo:
"Bloß nicht auffallen, aber auch nichts tun."
Nun gut, die Noten haben seinen Ehrgeiz geweckt
- ein Bisschen zu viel geweckt. Ich durfte schon Tränen wegen einer Drei trocknen.

Ein Novum ist der Wochenplan in diesem Schuljahr:
Die Kinder müssen sich selbständig mehrere Arbeitsblätter von Montag bis Freitag erarbeiten, was am Ende nicht geschafft ist, wird zur Wochenendaufgabe.
Die ersten beiden Wochenenden gab es - wie zu erwarten war - viel, sehr viel zu tun. Das änderte sich aber plötzlich.
Mein Großer durfte neben seinem besten Freund sitzen, und was soll ich sagen, dieser Freund ist klasse. Nein, er ist großartig.

Heute steckte mir mein Sohn, dass er den Wochenplan nun mit dem Freund zusammen erarbeitet. Sie suchen sich gemeinsam die Blätter raus, wurschteln sich durch und
- sein Freund hat sogar die Größe zu warten, wenn mein Sohnemann nicht so schnell ist, denn so der O-Ton:

"Gemeinsam Arbeiten macht mehr Spaß!"

Ich bin wirklich begeistert, nicht nur das endlich einmal beschriebene Arbeitsblätter nach Hause kommen, nein, das ist so eine richtig dicke "Männerfreundschaft" zwischen den beiden, die gehen gemeinsam durch Dick und Dünn. (Der Freund hat sogar versucht wegen der Drei zu trösten, so wurde mir berichtet.)

So einen feinen Kerl, den braucht "mann".

3
Sep
2006

Franziskaner

Meine geheime Liebe,
meine Sehnsucht bei einem solch bescheidenen Wetter wie heute.
Es wird wahrlich Zeit diesem grauen Einerlei etwas entgegen zu setzen, etwas wärmendes, aufputschendes und erheiterndes.

Kennengelernt habe ich den Franziskaner an einem bitterkalten Tag vor etlichen Jahren in Wien. Er begegnete mir in einem Kaffeehaus und seit dem kann ich ihn nicht vergessen oder gar aus meinem Leben streichen. Er war meine Zuflucht, wärmte mich von innen, weckte die Lebensgeister in mir. Dieser Kerl ist klasse, ein wahrer Genuss und hat mich zu einem kleinen Kaffeeliebhaber gemacht.


Einen Franziskaner bitte für mich, heute!



Das Rezept - ganz einfach, aber lecker:

Ein "lichte Melange" mit einer dicken Haube Schlagsahne,
bestückt mit ein paar Schokoladenstückchen.

Den Zucker nach Belieben verkneife ich mir.




Edit:
Ein "lichte Melange" ist
ein verlängerter Espresso
(mit der doppelten Menge Wasser zubereitet)
und mit dem gleichen Teil heißer Milch aufgegossen.

2
Sep
2006

Einfach nur du,

weil du jeden Morgen daran arbeitest mir meine Muffelei wegzuküssen - mit einer Hartnäckigkeit, die ich bewundernswert finde,

weil du nur interessiert nachfragst, ob wir demnächst auch mal wieder die Zahnpastatuben zuschrauben,

weil dein Arm liebevoll über mir auf meinem Kopfkissen ruht,

weil du mit mir Wein und Käse auf der Couch schlemmst,

weil ich mich trauen kann dich zu fragen, ob du für mich das Auto rückwärts in die Parklücke einparkst,

weil du der weltbeste Chili-Klatscher-Spieler bist,

weil du mein Leben unglaublich bunt machst,

weil du in den letzten Jahren keine Wutausbrüche mehr bekommen hast,

weil du - treue Seele - mir immer wieder Komplimente machst, obwohl ich sie gar nicht verdiene,

weil dein Ehrgeiz mich immer wieder herausfordert und anstachelt,

weil du mich deine Liebe spüren lässt,

weil ich dich sehr schätze und achte,

weil du einfach DU bist

und liebenswert, gerade so wie du bist,


liebe ich Dich.



Edit:
Und heute noch mehr als vor 15 Jahren! ;>

30
Aug
2006

Furcht aus Kinderaugen

Selbsterfahrungsspiel mit Kindern:

Eine Gruppe von zwölf Kindern versammelt sich im Kreis. Ein Freiwilliger geht raus, die anderen bekommen den Auftrag so böse wie nur möglich den Freiwilligen anzuschauen, wenn er wieder reinkommt.

Das Kind kommt rein, stellt sich in die Mitte des Kreises und spürt die feindseligen Blick aus allen Richtungen. Es dreht und wendet sich, fühlt sich sichtbar unwohl und fängt unsicher an zu lachen.


Dieses Experiment lässt mich aufmerken: Kinder nehmen nicht die Beine in die Hand, wenn sie Angst verspüren, sie bleiben fasziniert stehen. Das "Opfer" in dem Spiel könnte jeden Augenblick den Kreis verlassen, tut es aber nicht.
In den furchteinflössenden Situationen nimmt das Kind seine eigene Kraft nicht mehr wahr, schaut nur passiv und lässt über sich ergehen.

Erwachsene sollten aus diesem Grund niemals fremde Kinder auf der Straße ansprechen, denn Kinder laufen nicht von alleine vor dem Fremden und Unbekannten weg. Dieser Impuls entwickelt sich nicht selbständig bei ihnen und muss erst trainiert werden.

Wir sollten Kinder schützen, in dem wir sie nicht nach dem Weg fragen oder andere Auskünfte erbitten.
Ein Kind, dass dann selbstbewußt wegschaut, den Fragenden ignoriert, selber so grimmig wie möglich schaut, vielleicht doch wegläuft oder gar einfach um Hilfe schreit, ist nicht unhöflich, sondern hat recht. Denn wie soll es unterscheiden, ob der Erwachsene es gut mit ihm meint oder nicht.
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