Nachdenkliches

27
Dez
2006

Lebensuhr

Das Leben gleicht einer Tankuhr.

Zunächst hat der Mensch unermesslich viel Kraftstoff für seinen langen Lebensweg.
Der Zeiger scheint überhaupt nicht seine Postition zu verändern. Unmerklich wandert er weiter.

Lange lebt der Mensch auf dem Höhepunkt seines Daseins.

Aber dann im letzten Viertel rückt der Zeiger plötzlich schneller vorwärts.
Er befindet sich mit einem Mal auf Reserve und endet schlagartig auf Null.

15
Dez
2006

Breakdown

Heut morgen an der Mülltonne. Gespräch mit der Nachbarin:

"Und wie geht's deinem Mann nun?"

"Er muss jeden Tag zur Krankengymnastik wegen dem Bandscheibenvorfall. Aber er sitzt schon wieder zu Hause am Computer und arbeitet für's Büro."

"Aber er ist doch noch krankgeschrieben, oder?"

" Ja sicher, .... muss man dazu noch etwas sagen? Ne, ne. Männer!"


Nun gut, wenn der Kopf fit ist, kann man vielleicht tatsächlich etwas tun. Nur ich habe mich in dem Augenblick gefragt, was sind wir selber nicht alles bereit zu opfern zur Sicherung unserer Arbeitsstellen? ... ... Viel, sehr viel.

Und manchmal vielleicht auch zu viel, bis der Körper von ganz alleine zusammenklappt.

12
Dez
2006

Verleih deinem Kind Flügel

"Mama, ich gehe jetzt alleine zum Kindergarten."

Nicht, dass ich was dagegen hätte, nein, ganz im Gegenteil, ich bin stolz auf dich mein Kleiner, dass du so selbständig bist und dich alleine auf den Weg machst.
Nur gerade heute sehe ich dich bis heute Abend nicht mehr und hätte dich gerne selber in behütende Hände gegeben. Aber so gehe ich gleich arbeiten und du musst alleine deinen Tag bewerkstelligen.
Ich weiß, es wird dir gut gehen - nur mein Herz ist schwer. Ich hätte dir gern noch einmal liebevoll über den Kopf gestrichen und dir einen wunderschönene Tag gewünscht. Keine Sorge, ein Küsschen hätte ich dir auch nicht gegeben. Ich weiß, dass kannst du zur Zeit nicht leiden.

Also, ich lass dich ziehen, du wirst es schaffen, dass weiß ich.

Nur sei nicht böse, ich werde dir heimlich hinterherlaufen und gucken, ob du auch heil ankommst. Du wirst mich gar nicht bemerken, darauf achte ich.

Mach's gut, mein kleiner Großer.

10
Dez
2006

Die Macht der Musik

Oma erzählte heute, wie sie am Bett von Opa sitzt und alte Kirchenlieder singt, um seine unruhige Seele zu beruhigen. Wir wissen nicht, was Opa noch versteht, was er mitbekommt. Aber sie war beeindruckt davon, wie er die Töne bruchstückhaft mit anstimmte und langsam ruhiger wurde.

Das erinnerte mich an meinen Bruder. Wenn er von Krampfanfällen geplagt starke Schmerzen im Kopf und in den Glieder hatte, dann sangen wir mit ihm. Lieder, die er gut kannte und die seiner kleinen Seele Frieden spendeten.

Es erinnerte mich daran, wie ich tränenüberströmt am Klavier saß, meinen Weltschmerz hinaussspielte und sang - und wie befreit ich hinterher war.

Und es führte mir vor Augen wie meine kleinen Kerle zur Musik abrockten und all ihre Lebensfreude raustanzten.

Musik - so viele Stilrichtungen, so unterschiedlich wie die Menschen auf dieser Erde und wirklich jeder kann in irgendeinem Stück den Balsam für seine Seele finden.

Was für ein Geschenk!

4
Dez
2006

Diese Entscheidung kann ich nicht treffen

"Mama, und was denkst du, wie geht es dir dabei?"
"Ich kann diese Entscheidung nicht treffen."

Wir reden über meinen Opa. Er hat jetzt seit Wochen nicht mehr aus zu haltende Schmerzen. Seine Halluzinationen nehmen ihm jegliches Bewußtsein für die Realität. Dieser starke alte Mann ist zerbrochen an Träumen, die für ihn Wirklichkeit sind, schämt sich für Dinge, die er nie getan hat. Er glaubt uns nicht, kann sich selber nicht glauben und verliert zunehmend an jeglichen Halt. Die Metastasen haben seinem Gehirn zugesetzt. Er hat Ausschlag und Beulen am Kopf. Er ist eigentlich gar nicht mehr.
Der Arzt meinte, sie könnten die Morphium Dosis noch einmal erhöhen. Nächsten Montag. Aber dann sollten meine Mutter und meine Oma darauf gefasst sein, dass er einfach ganz schnell einschlafen wird. Schon jetzt sitzt er ab und zu bewusstlos da.

"Ich kann diese Entscheidung nicht treffen."
"Aber Mama, die Medikamente haben ihn noch so lange in Würde leben lassen, warum sollten sie ihn jetzt nicht auch einfach einschlafen lassen."
"Ich kann das noch nicht entscheiden. Ich kann nicht einfach über sein Leben oder seinen Tod entscheiden."

Sie wird es. Ich weiß es, weil sie das Leid ihres Vaters nicht mehr aushalten kann und ihm nur endlich Ruhe schenken will.

29
Nov
2006

Weil ich ein Blödmann bin.

Ich spinkse um die Ecke. Der große Kerl sitzt an seinem Schreibtisch über seinen Hausaufgaben. Schluchzt. Roter Kopf. Tränen in den Augen.

"Aber was ist denn los? Wieso musst du denn auf einmal so heftig weinen?"

Wimmern. Keine Antwort.

"Komm erzähl schnell, was ist los? Warum musst du so doll weinen?"

"Weil ich ein Blödmann bin."

"Du denkst du bist ein Blödmann? Nur weil die Sprache-Hausaufgaben gerade nicht fluppen?"

"mmmmh." Nicken mit dem Kopf.

"Komm erst einmal her."

Der Große springt direkt auf meinen Schoß, lässt sich feste drücken.
Ich streiche ihm die Haare von der Stirn.

"Weißt du was? - Das möchte ich nie wieder hören, dass du von dir selber denkst, du wärst ein Blödmann. Du bist kein Blödmann. Ganz im Gegenteil: Du hast heute einen guten Sachkundetest zurückgebracht. Die Beurteilung war auch ok. Du hast ratzfatz deine Mathe-Hausaufgaben erledigt. Du bist jetzt müde und hast keine Energie mehr. Aber du bist kein Blödmann. Du bist schlau."

Schniefen.

"Komm die letzten drei Wörter schaffst du auch noch. Und dann gehst du schnell raus spielen. Florian wartet schon vor der Tür auf dich."

Ich diktiere sie ihm - er fällt, sie fällt, es fällt. *Manchmal können Hausaufgaben echt geistreich sein*

Schnell holt er sich seinen Pfeil und Bogen, und draußen ist er.


Verdammt, was muss der Kerl im Moment für einen Druck aushalten.
Hey, er ist noch ein Kind. Er soll lernen, aber vor allem noch spielen, sich bewegen - und glücklich sein.

28
Nov
2006

Dieses Weihnachten wird er nicht mehr erleben.

Manches kommt unaufhaltsam auf uns zu. Wir wissen darum und verdrängen es, bearbeiten es und legen es beiseite, leben damit auch wenn wir es nicht wollen.

Gestern Abend telefonierte ich mit meiner Mutter. Der Arzt hat ihr leise gesteckt, dass mein Opa dieses Jahr Weihnachten nicht mehr erleben wird.
Er wird vorher von uns gehen. Wir wissen es seit langer Zeit, aber dass der Zeitpunkt so nah ist, überrascht uns, macht die Ahnung zur Realität.

Opa kann nicht mehr. Er hat gekämpft. Ein Jahr hat er Großartiges geleistet, hat immer wieder mit Humor versucht uns den Gedanken an seinen Tod vergessen zu lassen.
Jetzt hat er Angst. Angst zu ersticken.
Sein Lebenswille ist nicht mehr. Sein Humor ist gewichen. Er möchte nur noch einschlafen.
Ich wünsche es ihm aus tiefsten Herzen.

Schnell, schmerzlos und ohne Furcht.

21
Nov
2006

Gewalt gegen Kinder

aber wie sag ich es den Kleinen?

Wie jede Mama und jeder Papa möchte ich meine Kinder vor Gewalt schützen.
Keiner, aber auch wirklich keiner soll ihnen schaden.

Ich weiß auch, dass meine Kinder durch starke, eigenwillige Gestik, Mimik und Sprache den Täter abschrecken, und wir bestimmte Vorsichtsmaßnahmen ergreifen können, aber -

wie erzähle ich meinen Söhnen, dass es böse Menschen gibt, die Kindern schaden wollen, ohne meine kleinen Kerle zu erschrecken oder ihnen gar das Vertrauen zu entziehen, selbständig ihre Umgebung zu erforschen?


Es wäre so einfach, wenn sie einfach fragen würden.

16
Nov
2006

Bekannter oder Freund?

Ich fand heute in meinen Referern eine interessante Frage, die ich gerne aufgreifen möchte:

Ab welchen Moment wird für dich aus einem Bekannten ein Freund?

Ich glaube, es gibt keinen fixen Zeitpunkt, an dem der Bekannte zu einem Freund wird. Es ist eher die Summe der Erfahrung, die mich mit einem Mal erkennen lässt, dass aus dem Bekannten ein richtiger Freund geworden ist.
Es ist ein fließender Prozess. Wir treffen uns, tauschen uns aus, werden offener, vielleicht auch intimer und plötzlich erkenne ich, dass der andere jemand ganz besonderes für mich ist.

13
Nov
2006

Bombenbau

Genau darüber habe ich mich gewundert, als ich vor Wochen an einem Londoner Flugehafen wegen der Terrorwarnungen fest saß.
Warum war es uns erlaubt im Duty-Free-Bereich einzukaufen, vor allem hochprozentigen Alkohol, während wir alle anderen flüssigen Substanzen zurücklassen mussten? Ich fand diese Regelung damals nicht besonders konsequent.
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